Das 2. Vatikanische Konzil -
"Die Zeit großer Hoffnungen"
(geschrieben von
Manfred Reichgeld)
6. Tradition und Fortschritt
Dass das Konzil bei vielen auf Tradition setzenden Bischöfen aus der Kurie oder aus Italien und Spanien so viel verändern würde, war kaum zu erwarten. Die Kurie hatte
alles detailliert vorbereitet, sodass die Konzilsväter nur noch abstimmen sollten – und in wenigen Wochen könne das Konzil schon beendet sein. Aber es kam anders.
Bei den Wahlen für die Zusammensetzung der Kommissionen in der ersten Sitzung des Konzils bestanden die deutschen und französischen Bischöfe darauf, sich erst einmal kennen zu lernen und miteinander
zu beraten – und nicht einfach den Vorgaben und Festlegungen der Kurie zu folgen. Mehr und mehr entstand eine eigene Dynamik der Veränderung und Entwicklung. Manche der verabschiedeten Erklärungen
haben das Konzil über Jahre beschäftigt, wurden immer wieder verändert und auf den letzten Stand gebracht. Auf dem Petersplatz warben die Bischöfe mit gedruckten Blättern ganz offen für ihre
Positionen und einzelne Formulierungen. Es ging dabei auch um die Frage, wie bestimmte Beschlüsse zu verhindern und andere durchzusetzen seien.